Elektronische Belege, Vorteile für die Buchhaltung?
Elektronische Belege in der Steuerprüfung: Was müssen Freiberufler und Gewerbetreibende bei der Buchhaltung beachten?
Grundsätzlich dürfen Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland ihren Betrieb nach eigenen Gutdünken organisieren, das gilt auch für die Aktenführung und das Belegwesen. Dieser Grundsatz wird allerdings durch eine Reihe von gesetzlichen Regelungen eingeschränkt. Bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte, müssen berufsrechtliche Vorschriften zur Führung der Patientenakten beachten.
Zu den wichtigsten Bestimmungen, die die Organisationsfreiheit limitieren, gehören allerdings die steuerlichen Vorschriften zu den betrieblichen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten.
Diese Vorschriften gelten für alle Selbständigen, wie weit sie reichen und wie streng die Anforderungen sind, hängt aber davon ab, ob ein Unternehmen zur Buchführung („Bilanzierung“) verpflichtet ist bzw. dies zum Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung freiwillig tut.
Geordnete Ablage ersetzt „Buchführung“
Auf die meisten Freiberufler und viele Gewerbetreibende trifft dieses Merkmal aber nicht zu. Sie ermitteln ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) und sind deshalb nicht zur Führung von Büchern, sondern nur zur Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle verpflichtet. Diese Gruppe adressiert ein wichtiges Urteil des BFH aus dem Jahr 2017 (BFH, Urteil vom 12.12.2017, VIII R 6/14) mit folgendem Leitsatz:
- Die ordnungsgemäße Aufzeichnung der Betriebsausgaben in einer Überschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG setzt im Rahmen der allgemeinen Aufzeichnungspflicht nach § 146 Abs. 1, 5 AO nur voraus, dass die Höhe der Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird; eine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht hingegen nicht.
- Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Einnahmenüberschussrechnung jedoch Vertrauen und kann die Vermutung der Richtigkeit für sich in Anspruch nehmen.
Unternehmer, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, können ihren „Buchführungspflichten“, bei denen es sich korrekt lediglich um Aufzeichnungspflichten handelt, also bereits durch eine gut organisierte Ablage nachkommen.
Lesetipp
Vorbereitende Buchhaltung, Belege sortieren
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Excel wird legal
Dieses Urteil wird viele Selbständige freuen, da die einfachste Methode, sich einen Überblick über die betrieblichen Ein- und Ausgaben zu verschaffen, darin besteht, diese in eine Excel-Tabelle einzutragen. Das beliebte Tabellenkalkulationsprogramm ist allerdings nicht revisionssicher, da Änderungen oder Löschungen nicht protokoliert und deshalb auch nicht nachvollzogen werden können. Aus diesen Grund darf Excel (alleine) weder zum Führen kaufmännischer Bücher, noch für steuerrechtliche Aufzeichnungen verwandt werden.
Das ist allerdings irrelevant, wenn förmliche Aufzeichnungen gar nicht erforderlich sind und die Exceltabelle keinen gesetzlichen, sondern ausschließlich organisatorischen Zwecken dient.
Voraussetzung dafür ist aber, wie das zitierte Urteil bereits deutlich macht, ein vollständiges und geordnetes Belegwesen. Was das genau bedeutet, erfahren Sie in den nächsten Abschnitten.
Nur Ausdrucken genügt leider nicht
Im Rechnungswesen gilt der Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“, der analog auch auf die Einnahmeüberschussrechnung Anwendung findet. Alle Einnahmen und Ausgaben müssen deshalb lückenlos durch Belege nachgewiesen werden.
Dabei ist die Ablage so zu organisieren, dass ein verständiger Dritter das System in angemessener Zeit verstehen und die Geschäftsvorfälle nachvollziehen kann. Als anerkannte Ordnungskriterien gelten beispielsweise das Belegdatum oder sachliche Zuordnungen (Materialausgaben, Personalausgaben, Mieten, etc.).
Die chronologische Ablage der Nachweise nach dem Datum, unterteilt in Einnahmen und Ausgaben, ist dabei die einfachste Form, das Belegwesen zu organisieren. Für Unternehmen mit einer überschaubaren Anzahl an Geschäftsvorfällen oder sehr homogenen Geschäftsprozessen ist diese Methode aber völlig ausreichend.
Allerdings stellt selbst diese simple Form des Dokumentenmanagements mittlerweile viele Unternehmen vor eine große Herausforderung. Rechnungen, Quittungen und Co. werden heutzutage nicht mehr nur in Papierform erstellt, gleichzeitig müssen elektronisch generierte Dokumente, zum Beispiel als PDF erzeugte und per E-Mail oder Download übersandte Rechnungen, gemäß den Vorgaben der Finanzbehörden und der ständigen Rechtsprechung hierzu, auch elektronisch vorgehalten werden. Geregelt ist dies unter anderem in Rz. 133 der GoBD, auf die wir im nächsten Kapitel näher eingehen
Damit dennoch wieder alles in eine Akte passt, erlaubt die Abgabenordnung (AO) aber die Digitalisierung und elektronische Aufbewahrung von Belegen, die ursprünglich körperlich, also in der Regel auf Papier, erstellt wurden.
Elektronische Belege, (ersetzendes) Scannen machts möglich
Die Rechtsgrundlage für die Digitalisierung von Unterlagen bildet § 147 Abs. 2 AO. Die Norm wird durch die „Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ ergänzt. Die GoBD haben 2015 die bis dahin geltenden GDPdU abgelöst.
Die näheren Ausführungen zur Digitalisierung finden sich insbesondere in den Randziffern 130 ff.
Demnach ist eine Umwandlung von körperlichen Unterlagen in elektronische, z.B. in Dokumente im PDF-Format, erlaubt. Sofern anschließend die Originale vernichtet werden sollen (ersetzendes Scannen), müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- bildliche und inhaltliche Übereistimmung zwischen Original und elektronischer Kopie
- kein Verlust aufbewahrungspflichtiger Informationen bei der Umwandlung
- maschinelle Auswertbarkeit
- Verfahrensdokumentation
Die bildliche Übereinstimmung wird durch das Scannen von Dokumenten in jedem Fall gewahrt, wobei allerdings Farbscans erforderlich werden können, wen die Farbgebung des Originals (z.B. rote Zahlen statt Minuszeichen) von Bedeutung ist. Damit keine aufbewahrungspflichtiger Informationen verloren gehen, kann außerdem das beidseitige Scannen von Dokumenten notwendig sein. Werden Papierdokumente umgewandelt, ist die maschinelle Auswertbarkeit bereits gegeben, wenn die elektronischen Kopien auf einem Rechner lesbar gemacht werden können.
Eine Verfahrensdokumentation ist nur in einem komplexen IT-Umfeld erforderlich (vgl. GoBD, Rz. 155). Das kann auf (Online)- Händler zutreffen, die auf unterschiedlichen Plattformen agieren und deshalb auch unterschiedliche IT-Lösungen einsetzen müssen. Wer überwiegend mit einer Standardsoftware arbeitet und das Scannen an einen externen Dienstleister delegiert ist davon aber in aller Regel nicht betroffen.
Die konvertierten Dokumente können gemeinsam mit den bereits originär elektronisch erstellten Unterlagen, nach Datum und/oder sachlich geordnet, in einer Akte abgelegt werden. Das Belegwesen wird so vollständig und übersichtlich organisiert.
Da elektronische Belege durch Backups leicht zu sichern sind, droht, anders als bei Papierunterlagen, auch keine Steuerschätzung und kein Bußgeld, wenn es doch einmal brennt, die Wasserrohre lecken oder frustrierte Mitarbeiter den Reißwolf anwerfen.
Elektronische Belege – Fazit
Unternehmerinnen und Unternehmer, die ihren Gewinn auf Basis einer Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, genügen ihren steuerlichen Aufzeichnungspflichten bereits durch ein vollständiges und geordnetes Belegwesen.
Formelle Aufzeichnungen werden so überflüssig, was den großen Vorteil hat, dass Betriebsinhaber einfache und bequeme Programme wie Excel nützen können, um den Überblick über ihre Umsätze und die Betriebsausgaben zu behalten.
Damit das Ablagesystem den Steuerprüfer aber auch wirklich überzeugt, empfiehlt es sich, Papierdokumente zum Beispiel durch Scannen, zu digitalisieren. Das gilt zumindest dann, wenn im Unternehmen bereits ein nicht unerheblicher Teil der aufbewahrungspflichtigen Unterlagen elektronisch generiert oder so empfangen wird.
Spätestens beim nächsten Umzug wird sich auch nicht nur das Finanzamt über die elektronischen Akten freuen.
Bei der Reorganisation Ihres Dokumentenmanagements oder der Digitalisierung Ihrer Unterlagen unterstützen wir Sie gerne, hier erfahren Sie mehr:
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Danke für den Beitrag über elektronische Belege und was diese für die Buchhaltung bedeuten. Mein Bruder hat ein Start-up gegründet und sucht nun noch eine Kanzlei für die Buchhaltung. Ich werde ihm den Artikel mal weiterleiten, damit er sich mehr zu dem Thema einlesen kann. Guter Hinweis, dass auch weiterhin der Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“ gilt.
Herzlichen Dank für ihr positives Feedback. Dies hilft mir zu analysierten, welche Themen interessant sind und ggf. weiter ausgebaut werden können.
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